Die mittlerweile Achte von insgesamt fünfzehn Ausstellungen zur Reihe „Auf Einladung“ im Dornbirner Kunstraum "Quadrart", in denen ausschließlich Kunstschaffende aus Vorarlberg gezeigt werden, wird von Franziska Stiegholzer kuratiert und trägt den Titel „HALT! Die Pappe“ (17.6. bis 9.9.2023). Zum Glück ist ein Ausrufungszeichen gesetzt, ansonsten fühlte sich wohl so mancher von diesem schmissigen Titel auf den Schlips getreten. Andererseits ist mit der Headline bereits angedeutet, dass es bei dieser Ausstellung um die Transformation von Pappe, Karton, Papier geht. Kuratorin Stiegholzer hat mit Cornelia Blum-Satler, Alois Galehr, May-Britt Nyberg und Dorothea Rosenstock vier Kunstschaffende eingeladen, die immer wieder mit solchen Materialien arbeiten und diese transformativ einsetzen.
Szenische Alltagsgeschichten in Sgrafitto-Technik auf Karton
May-Britt Nyberg verwendet weggeworfene Kartons als Bildträger für narrative, zeichenhafte Bildgeschichten. Sie grundiert die Kartons und ritzt dann spontan mit einem spitzen Holzstift in die noch nasse darüber gelegte Acryl-Farbschicht Alltagsszenerien aus der Tier- und Pflanzenwelt ein. Eine Vorgangsweise, wie man sie von der Sgraffito-Technik her kennt.
Diese Sgraffito-Arbeiten wirken fragil und erinnern ein wenig auch an Kinder- oder alte Höhlenzeichnungen. Sie sind zudem ein Spiel mit der Wahrnehmung: Tiere, von der Katze bis zum Huhn, vom Hund bis zum Fisch, und aber auch Garten- und Gemüsepflanzen sind linear rein auf die Umrisse reduziert.
Die von Verbrauchsspuren geprägten Kartons wirken in gewissem Sinne wie Bühnen, auf denen die alltäglichen Geschichten rund um Tiere oder Pflanzen Raum greifen. Die wie Filmszenen ablaufenden Stories sind der unmittelbaren Umgebung der Künstlerin entnommen.
Die auf dem Wegwerfmaterial ins Bild gesetzten Sgraffito-Szenerien verweisen auch darauf, dass das eigentliche Dasein, der Kern der Existenz, trotz aller Digitalisierung und Algorithmisierung der Welt immer noch nach physisch greifbaren und analogen Grundsätzen funktioniert. (kapi)